Josef van de Gey

Die Schüler werden ihm fehlen

GAT-Direktor Josef van de Gey tritt seinen Ruhestand an – Trotz anderer Pläne „glücklicher Verlegenheitslehrer“ geworden

Mechernich – Als Josef van de Gey als einziges Kind einer Land- und Gastwirtschaftsfamilie am 19. März 1951 in Euskirchen-Schweinheim das Licht der Welt erblickte, schien dem Leiter des städtischen Mechernicher Gymnasiums Am Turmhof (GAT) eigentlich ein ganz anderer Weg vorgezeichnet als der des Akademikers. „Ich bin meinen Eltern unglaublich dankbar, dass sie mit der Tradition gebrochen und mir als einem der wenigen Kinder vom Dorf den Besuch des Gymnasiums und das Studium ermöglicht haben“, sagt der 64-Jährige, der am Freitag, 29. Januar aus dem Schuldienst verabschiedet wird. 17 Jahre lang war er Leiter des GAT, das mit 830 Schülern und 71 Lehrern eines der größten Gymnasien der Region ist.

Doch auch diese Laufbahn war ursprünglich nicht das, wovon der junge Josef van de Gey träumte, als er in Bonn sein Examen in Romanistik und Geschichte machte. Denn nach einem einjährigen Studienaufenthalt 1973/74 in der südfranzösischen Universitätsstadt Aix-en-Provence, den ihm ein Stipendium der Französischen Regierung ermöglichte und den er mit dem französischen Universitätsabschluss „Licence ès-lettres“ abschloss, stand für ihn fest: „Ich werde Auslandskorrespondent und berichte aus Paris.“ Es sei ein „herrliches Jahr“ gewesen, das ihn zum Frankreich-Liebhaber hat werden lassen, der jedes Jahr dort seinen Urlaub verbringt. Als er dann jedoch feststellen musste, dass er sich für das Volontariat beim Fernsehen viel zu spät beworben hatte, disponierte er um – und zwar grundlegend. „So wurde ich Verlegenheitslehrer – aber ein glücklicher Verlegenheitslehrer.“

Nicht ganz unbeteiligt an dieser Entscheidung war sein Geschichts- und Französischlehrer am Emil-Fischer-Gymnasium, Dr. Helmut Quadflieg. „Er war ein brillanter Lehrer und hat mich mit seinem souveränen Auftreten stark beeindruckt“, sagt van de Gey, der sich daher besonders freut, dass der heute 91-jährige Euskirchener zu seiner Verabschiedung kommen will. Bereut hat Josef van de Gey die Entscheidung nie – auch wenn er als junger Mann dann und wann in andere Sphären abzuheben drohte und der „glückliche Verlegenheitslehrer“ noch einige Jahre entfernt war. „Heute bin ich froh, dass meine Frau mehr Bodenhaftung hatte und mich vor manchen Spinnereien bewahrt hat“, sagt er schmunzelnd.

Ein Feinschmecker-Restaurant übernehmen, sei „eine seiner verrücktesten Ideen“ gewesen, gesteht er, ein seinen anspruchsvollen Vorstellungen entsprechendes Lokal hatte er sich schon ausgeguckt. Da hatte er bereits sein Referendariat am Bad Godesberger Konrad-Adenauer-Gymnasium hinter sich und war Lehrer am Mechernicher Gymnasium. Mitte der achtziger Jahre wurde er an das Burgau-Gymnasium in Düren abgeordnet. Dort unterrichtete er das Fach Geschichte bilingual. An den barschen Empfang im Sekretariat und das Einstellungsgespräch mit Direktor Johannes Kernbach in Mechernich erinnert er sich noch ganz genau. „Er schilderte mir seine Schule in so beeindruckender Weise, dass ich gedankenbeladen nach Hause fuhr.“

Aber ausgelastet fühlte er sich dort in seiner ersten Zeit nicht. „Ich wollte etwas machen, mehr gestalten, war voller Energie und hatte das Gefühl, das hier nicht ausleben zu können.“ Einen großen Unterstützer hatte er in Schulleiter Wolfram Königsfeld. 1994 wurde er dessen Stellvertreter und fünf Jahre später schließlich sein Nachfolger. „Das hat meinen Ehrgeiz befriedigt.“

Als er die Schule übernahm, hatte das Lehrerkollegium, wie zu dieser Zeit üblich, ein Durchschnittsalter von 55 Jahren. Das hohe Alter der Lehrer bot ihm die Chance, das Kollegium zur Zeit der Lehrerschwemme nach und nach komplett auszuwechseln. „Im Jahr 2000 gab es 120 Bewerbungen auf eine Stelle“, erinnert er sich. Heute freut er sich darüber, mit vielen „hochengagierten jungen Leuten“ zusammenarbeiten zu können. In seinen Jahren als Schulleiter habe sich auch der Frauenanteil drastisch erhöht. „Als ich ans GAT kam, gab es nur sehr wenige Lehrerinnen. Heute sind zwei Drittel Frauen.“

Zu den Highlights gehört für ihn die Beziehung zur Partnerschule in China. „Das ist absolut beindruckend, was wir da erlebt haben.“ Wie Diplomaten seien er und Physiklehrer Hartmut Melenk, sein Stellvertreter, im Reich der Mitte behandelt worden.

„Seine Kinder“ – immerhin derzeit 830 an der Zahl – wird Josef van de Gey vermissen, das weiß er jetzt schon. „Die Schüler sind toll und viel netter und besser, als ihnen unterstellt wird“, schwärmt er. Er, der selbst „nicht der bravste Schüler“ gewesen sei, gesteht, eine gewisse Sympathie für die angeblichen Rabauken zu hegen. „Auch die schlimmsten Rowdys sind eigentlich alles nette Kerle.“ Natürlich hätten sich die Schüler im Laufe der Jahrzehnte verändert, „aber das haben Schule und Gesellschaft sich ja auch“.

Allzu ruhig will er es in seinem „Ruhestand“ nicht angehen lassen, ein paar Ideen habe er da schon. Verstärken will er sein soziales Engagement als Mitglied des Rotary-Clubs Euskirchen, auch für sein Hobby, die Jagd, hat er bald mehr Zeit. Und Bücher schreiben will Josef van de Gey, begonnen hat er bereits damit.

Schulsekretärin Karla Langer muss sich dann einen neuen Spruch für seinen Nachfolger einfallen lassen. Noch prangt am Eingang zu seinem Büro nicht nur die Holzschnitzerei „Jagdzimmer“ in Anspielung auf sein Hobby, sondern auch ein Zitat aus der Heiligen Schrift: „Gehet zu Joseph, was er auch sagen wird, thuet.“ Wer in Zukunft das „Sagen“ am GAT hat, ist noch ungewiss.

pp/Agentur ProfiPress

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  • Josef van de Gey: Renate Hotse/pp/Agentur ProfiPress