Pipeline Eifeldorf Energielandschaft

Lebensader Eifel-Pipeline

140-Millionen-Projekt bringt im großen Stil zwischen Hellenthal und Trier die Wasser- und Stromversorgung, Glasfaser und Fernwärme unter die Erde und lässt Bauern, Solarstromerzeuger und Kommunen an einer flexibilisierten Ökostromausbeute teilhaben – Rheinland-Pfalz sponsert Plan mit 25 Millionen, in NRW hat außer dem Olefverband (noch) niemand Interesse bekundet – Erster Spatenstich 2016

 

Von Steffi Tucholke und Manfred Lang

 

Hellenthal/Trier/Berlin – In der Eifel hat die Zukunft bereits begonnen. Zuerst in den Köpfen von Arndt Müller und Helfried Welsch von den Stadtwerken Trier, dann in der Gründung einer innovativen Gesellschaft, einer Anstalt öffentlichen Rechts, die sich „Kommunale Netze Eifel“ (KNE) nennt und zu Dreiviertel dem Eifelkreis Bitburg-Prüm und zu einem Viertel den Stadtwerken Trier gehört.

Das Unternehmen plant ein 140-Millionen-Projekt: die Eifel-Pipeline zwischen Trier und der nordrhein-westfälischen Grenze bei Hellenthal. Sie soll weite Teile der Eifel über eine unterirdische Trasse nicht nur mit Trinkwasser versorgen, sondern auch Strom, Erd- und Biogas sowie schnelles Internet über Glasfaserkabel in die Region bringen.

Ganz nebenbei sollen mit dem vernetzten Biogas von Bauernhöfen nach zentraler Aufbereitung zu Bioerdgas mehrere Blockheizkraftwerke angetrieben werden und zu Stoßzeiten zusätzlich Strom und Wärme produzieren, wann immer sie gebraucht werden.

Mit einem dank Glasfaserkabelsteuerung und Computerhilfe flexibilisierten System soll die Wertschöpfungskette gleichsam mit der Pipeline durch die Eifel verlegt werden. Arndt Müller: „Die Eifelkommunen sollen partizipieren.“

 

Das Perpetuum Mobile für die Westeifel erfunden?

Das klingt zu schön, um wahr zu sein: Eine Art neuer Lebensader für die traditionell strukturschwache Eifelregion? Haben Arndt Müller und Helfried Welsch am Ende das „Perpetuum Mobile“ erfunden? Reporter der Agentur ProfiPress, die die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Zukunftsinitiative Eifel machen, befragten die beiden Promotoren des richtungsweisenden Konzeptes jetzt im Berliner Reichstag.

Dort stellten die beiden Trierer ihr Konzept dem Bundestagsabgeordneten Patrick Schnieder (Bitburg-Prüm) vor, dem Berichterstatter für den Ausbau der digitalen Infrastruktur. Und sie hatten auf alle Fragen erstaunlich überzeugende Antworten.

Der KNE-Plan ist so einfach wie genial. „Und plausibel“, erklärt Arndt Müller: „Eine Million Kubikmeter Wasser aus der Hellenthaler Oleftalsperre sollen jährlich eingekauft und nach Hellenthal-Kehr gepumpt werden, von wo sie mit natürlichem Gefälle im Verbundnetz Richtung Süden fließen und mithelfen, eine ganze Region langfristig, nachhaltig und zu kalkulierbaren Preisen mit Trinkwasser zu versorgen.“

Insgesamt sollen dann sechs Millionen Kubikmeter Trinkwasser jährlich durch die 80 Kilometer lange Pipeline von der Oleftalsperre über Bleialf, Prüm, Schönecken und Bitburg bis Trier fließen.

In dem großen Graben, durch den die Wasserleitung gelegt werden soll, wollen die Investoren unter anderem auch eine 110.000-Volt-, sowie eine 20.000-Volt-Stromleitung verlegen. Dies schafft die Voraussetzungen zum Anschluss von neuen Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen und minimiert gleichzeitig den Freileitungsbau.

„Durch die Umkehr der Fließrichtung des Wassers von Norden nach Süden können wir auf energieintensives Pumpen verzichten und sogar das natürliche Gefälle zur Energiegewinnung nutzen. Durch den Einsatz von vier Turbinen im Trinkwassernetz machen wir so rund 1,5 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr gut“, so Helfried Welsch im Interview.

 

Vollversorgung aus dem großen Graben

 

Wer dann in der Eifel Kaffee kocht, so der Plan, schüttet dafür womöglich Trinkwasser aus der Oleftalsperre auf, bringt die Kaffeemaschine mit Strom aus dem nahegelegenen Solarpark ans Laufen, setzt sich ins behaglich warme, mit aufbereitetem Bioerdgas vom Bauernhof beheizte Wohnzimmer und hört dazu die Lieblingsmusik im Online-Radio per Livestream.

„Das Ganze führt außerdem zu einer Flexibilisierung der Systeme“, so Welsch weiter: Versorgungsnetze verbinden, Kosten und Energie sparen und die Energiewende vorantreiben – das sei das Ziel des „Regionalen Verbundsystems Westeifel“. 80 Kilometer lang soll die Pipeline werden und 140 Millionen Euro kosten. Der erste Spatenstich ist für 2016 vorgesehen.

 

245.000 Haushalte werden mit Wasser, 27.000 mit schnellem Internet versorgt

 

Die rheinland-pfälzische Landesregierung setzt sich für das Gelingen des Pilotprojektes ein, das auch gerne als Leuchtturmprojekt mit Signalwirkung für die gesamte Bundesrepublik bezeichnet wird. Mit dem Versorgungs-Mix könnten nicht nur rund 245.000 Haushalte mit bezahlbaren Preisen für Wasser und Energie abgesichert werden. Die moderne Infrastruktur – schnelles Internet für rund 27.000 Haushalte – soll die ländliche Region fit für die Zukunft machen und damit dem demografischen Wandel entgegenwirken.

Ulrike Höfken, Umweltministerin in Rheinland-Pfalz, sicherte dem „Regionalen Verbundsystem Westeifel“ bereits eine Förderung in Höhe von insgesamt 25 Millionen Euro in den kommenden acht Jahren zu.

Das Versorgungsnetz ist ein bundesweit einmaliges Projekt unter Federführung der Kommunalen Netze Eifel (KNE). Die KNE wurden 2009 vom Eifelkreis Bitburg-Prüm und der Stadt Trier gegründet. Partner sind außerdem die angrenzenden Verbandsgemeinden. Die Umsetzung des Projektes soll demnächst die neu zu gründende Gesellschaft „Landwerke Eifel“ übernehmen.

In Sachen Energiewende sollen Biogasanlagen die Möglichkeit haben, ihr Gas in das KNE-Netz einzuspeisen, wenn die Förderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ausläuft. Dieses Rohgas soll dann nicht mehr an jeder einzelnen Anlage dezentral verbraucht, sondern zentral zu Bioerdgas aufbereitet und somit im Erdgasnetz speicherbar gemacht werden.

Die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord hat bereits ihre raumordnerische Gesamtabwägung bekannt gegeben. Demnach überwiegen die positiven Effekte die nachteiligen aber größtenteils zu kompensierenden Eingriffe in die Naturgüter.

 

„Eine Million Kubikmeter für Olefsee unproblematisch“

 

Die Eifel-Pipeline soll unter anderem eine Notversorgung mit Trinkwasser im Katastrophenfall sicherstellen. Dazu soll die Oleftalsperre bei Hellenthal im Naturpark Hohes Venn-Eifel im Kreis Euskirchen über Prüm und Bitburg mit der Riveristalsperre in der Nähe von Riveris und Osburg im Landkreis Trier-Saarburg verbunden werden.

Abgesehen von der Trinkwasser-Pipeline ist das Versorgungsnetz bislang nur für Rheinland-Pfalz vorgesehen. Helfried Welsch, bei den Stadtwerken Trier für Strom, Gas, Wasser und Abwasser verantwortlich, hofft, dass das Projekt in Zukunft auch von nordrhein-westfälischer Seite unterstützt wird.

Dr. Arno Lehmkühler, Leiter des Wasserverbands Oleftal auf der nordrhein-westfälischen Seite der Eifel, will für das Gemeinschaftsprojekt mit den rheinland-pfälzischen Kollegen eine 13 Kilometer lange Trinkwasserleitung zwischen dem Hochbehälter Giescheid und dem Hochbehälter Kehr bauen lassen. Das hält er mit rund acht Millionen Euro für realisierbar. Die voraussichtliche Trasse sei dem Kreis Euskirchen bereits vorgestellt worden. Da man sich im Landschaftsschutzbereich befinde, habe man Wert auf eine verträgliche Leitungsführung gelegt. Frühestens in den Jahren 2017/2018 sei an eine Realisierung zu denken.

Die nach Rheinland-Pfalz zu liefernde Wassermenge von einer Million Kubikmeter pro Jahr sei für den Wasserverband unproblematisch, so Lehmkühler: „Wasser ist genügend vorhanden.“ Lehmkühler ist für das Projekt – auch vor dem Hintergrund, dass der Wasserverband daran interessiert sei, in Notfällen auch Trinkwasser in der Gegenrichtung, von Rheinland-Pfalz, zu erhalten. Man liefere gerne Wasser Richtung Trier, weil dadurch die Kosten einer Notfallversorgung im Wesentlichen getragen würden.

pp/Agentur ProfiPress

Bildquellen:

  • Wallenborn: Ingo Schneider/KNE/pp/Agentur ProfiPress