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Unbegleitete ausländische Minderjährige – wer hilft mit ?

Unter diesem Titel fand gestern im Kreishaus Euskirchen eine Veranstaltung statt, zu der die Jugendabteilung des Kreises eingeladen hatte.
Der Allgemeine Vertreter des Landrats und zugleich Geschäftsbereichsleiter “Bildung, Gesundheit, Jugend und Soziales”, Manfred Poth, begrüßte die rund 160 Gäste im voll besetzten Sitzungssaal des Kreishauses. Er dankte herzlich für das außerordentliche Interesse an diesem Thema, welches durch die jüngsten Entwicklungen eine enorme Bedeutung bekommen hat. “Gestern sind 196 Flüchtlinge in Euskirchen angekommen, die in der Notunterkunft an der Thomas-Eßer-Straße untergebracht wurden. Seit einigen Wochen leben schon etwa 130 Flüchtlinge in der Notunterkunft in Schleiden-Gemünd”, berichtete Poth über die aktuelle Lage im Kreis. Er erklärte weiter, dass das Land dem Kreis Euskirchen insgesamt noch weit mehr Flüchtlinge zuweisen würde, allein in Euskirchen bis zu 500. Damit kämen große Unterbringungs- und Betreuungsaufgaben auf den Kreis und seine Kommunen zu, so Poth weiter. “Bei den Flüchtlingen sind auch immer wieder unbegleitete, minderjährige Jugendliche dabei. Gestern waren es vier. Um diese kümmern sich nun Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jugendabteilung”, stellte Poth die aktuelle Lage fest. Und weiter: “Der Flüchtlingsstrom ist ungebrochen und die Anzahl nimmt weiter rasant zu. Das heißt für uns, dass in Zukunft immer mehr minderjährige, unbegleitete Jugendliche betreut und untergebracht werden müssen”, schloss Poth seine Begrüßung.

Er übergab an Jugendamtsleiter Erdmann Bierdel, der in seiner kurzen Einführung zum Fazit kam, dass damit zu rechnen sei, dass in Zukunft ca. 50 unbegleitete Jugendliche im Kreis versorgt werden müssten. Eines sei besonders wichtig: die enge Verknüpfung von ehrenamtlich helfenden Bürgerinnen und Bürgern mit der professionellen Unterstützung der Jugendämter und vieler anderer Organisationen. “Der Kontakt zwischen den Jugendlichen und den ehrenamtlich Tätigen kann eine zentrale Rolle für die Integration spielen.” so Bierdel.

Roland Kuhlen vom Kommunalen Bildungs- und Integrationszentrum (KoBIZ) informierte über die Themen:
Woher kommen die minderjährigen Flüchtlinge? Was sind die Fluchtgründe?
Er nannte als die fünf stärksten Herkunftsländer Syrien, Irak, Afghanistan, Eritrea und Somalia. Er wies ausdrücklich darauf hin, dass die Schutzquote minderjähriger Flüchtlinge aus diesen Ländern bei nahezu 100% liegt. Das bedeutet, dass diese jungen Menschen auf relativ lange Zeit, u.U. viele Jahre, in Deutschland bleiben werden. Als häufige Fluchtgründe nannte er Krieg, Zwangsheirat, Gewalt in der Familie und wirtschaftliche Not.

Ermann Bierdel berichtete über die größtenteils abenteuerlichen, oft gefährlichen, fast immer aber beschwerlichen und kräftezehrenden Fluchten, die die jungen Menschen hinter sich haben. Er zeigte eindrucksvolle Bilder von Booten und Schiffen mit Flüchtlingen auf dem Mittelmeer, die geretteten Insassen und ihre Versorgung in Griechenland sowie ihr Weg bis zur Ankunft in Deutschland.
Er schilderte dann das Verfahren, welches ab 2016 gelten wird. z.Z., so Erdmann Bierdel, seien in Nordrhein-Westfalen etwa 3000 minderjährige Flüchtlinge in Obhut genommen, eine Zahl, die aufgrund der Flüchtlingswelle weiter steigen würde. Damit wären die NRW-Jugendämter nicht mehr in der Lage, eine ordnungsgemäße Versorgung der jungen Menschen zu gewährleisten. Deshalb planen Bund und Land NRW, dass ankommende, minderjährige Flüchtlinge nach der Ersterfassung und medizinischen Versorgung innerhalb einer angemessenen Frist an andere Jugendämter in ganz Deutschland abgegeben werden sollten. Hierbei wären natürlich Kriterien wie z.B.: Leben evtl. schon Verwandte in Deutschland? Sind Geschwister schon anderswo untergebracht? zu berücksichtigen.

Benedikt Hörter, Leiter der Sozialen Dienste im Kreis, stellte anschließend die Projektidee “Leben in Gastfamilien” vor. Inhalte seiner umfangreichen Informationen waren: Welche räumlichen, wirtschaftlichen und sozialen Voraussetzungen müssen Gastfamilien erfüllen, um einen minderjährigen Flüchtling aufnehmen zu können? Hierzu gehören z.B.:
• Genügend Wohnraum, Zeit und gesicherte wirtschaftliche Verhältnisse
• Gesundheits- und polizeiliche Führungszeugnisse
• interkulturelle Offenheit
• Kooperationsbereitschaft mit diversen Einrichtungen der Jugendhilfe
• Distanzfähigkeit
• Reflektionsfähigkeit; d.h., das Erkennen eigener Grenzen
Familien, die unbegleitete ausmlänidsche Minderjährige für den Kreis aufnehmen, sollen nach der Konzeptidee professionell von sozialpädagischen Fachkräften unterstützt werden.

Da die unbegleiteten Jugendlichen auch dann, wenn sie in Gastfamilien untergebracht sind, immer einen Vormund benötigen, informierten Theresia Kania und Claudia Simon rund um das Thema: Vormundschaften. Inhalte waren:
• Was ist ein Vormund?
• Welche Aufgaben hat ein Vormund
• Welche Voraussetzungen muss ein Vormund mitbringen?
• Wie ist die Rechtsstellung eines Vormundes?
Ehrenamtliche Vormundschaften sind nach dem Gesetz vorrangig einzurichten. Interessenten werden für ihre Aufgabe als Vormund geschult und auch während ihrer Tätigkeit durch die Fachkräfte des Jugendamtes unterstützt.

Roland Kuhlen berichtete abschließend noch über den ehrenamtlichen Einsatz von Sprachmittlern und Übersetzungshelfern. Dies sind Ehrenamtler, die der Heimatsprache der minderjährigen, unbegleiteten Flüchtlinge mächtig sind und diese z.B. bei Behördengängen unterstützen. Sie ersetzen aber keine professionellen Dolmetscher.

In seinem Schlusswort verwies Erdmann Bierdel auf die von der Homepage des Kreises, zu finden unter: www.kreis-euskirchen.de, aufzurufende Seite “Ehrenamt” (rechts, in der Infobox: Aktuelles). Hier finden Familien, die gerne einen unbegleiteten, minderjährigen Flüchtling aufnehmen möchten, ein Formular, mit dem sie ihre Bereitschaft zur Aufnahme melden können. Die Jugendabteilung wird sich dann zügig mit der interessierten Gastfamilie in Verbindung setzen und alles Weitere in die Wege leiten.

Im Anschluss an die Vorträge hatten die Bürgerinnen und Bürger noch Gelegenheit, Fragen zu stellen. Hiervon machten sie reichlich Gebrauch. Die Fragen wurden von den Referenten des Abends umfassend und kompetent beantwortet.

Hier die Kontaktdaten der Ansprechpartner im KoBIZ und der Jugendabteilung:
– Roland Kuhlen (02251/15 538), KoBIZ
– Theresia Kania (02251/15 631) und Claudia Simon (02251/15 678) Vormünderinnen, Abt. Jugend und Familie
– Benedikt Hörter (02251/15 639), Leiter der Sozialen Dienste, Abt. Jugend und Familie
– Erdmann Bierdel (02251/15 641), Leiter der Abteilung Jugend und Familie

 

Bildquellen:

  • Jugend_Newsletter_Saal: Kreis Euskirchen