Thierry Boissel Zeitzeugen

Unendlich viele Möglichkeiten der Wahrnehmung

Neue Sonderausstellung im Deutschen Glasmalerei-Museum Linnich

 

Am Samstag, den 11. April 2015, eröffnet das Deutsche Glasmalerei Museum Linnich die Sonderausstellung „Thierry Boissel – Poesie aus Licht, Glas und Farbe“.

 

Boissel drückt sich in unterschiedlichen Medien aus, seit seinem Studium bei Ludwig Schaffrath ist aber vor allem die Glasmalerei in den Mittelpunkt seines Werkes gerückt. Doch er arbeitet weniger mit der traditionellen Bleiverglasung, sondern experimentiert mit Einscheibensicherheitsglas, mit der Technik des Schmelzverfahrens und mit der thermischen Verformung.

 

Der aus Frankreich stammende Künstler lebt seit 1991 in München und leitet dort die Studien- und Experimentierwerkstatt für Glasmalerei, Licht und Mosaik an der Akademie der Bildenden Künste.

 

Wie sensibel er bei seinen architekturgebundenen Arbeiten auf die jeweilige Raumsituation reagiert, zeigt sich beispielsweise bei der gläsernen Trennwand für St. Agatha in Altenhundem/Lennestadt. Diese nimmt sich farblich zurück und bildet einen in sich abgeschlossenen Raum mit einer eigenen Erlebniswelt: Reliefartig in das Glas eingeschmolzene Punkt- und Streifenraster lassen fotorealistische Szenen erscheinen; die zeitgenössischen Figuren sind – je nach Standpunkt des Betrachters und dem jeweiligen, sich stets verändernden Lichteinfall – deutlicher oder undeutlicher wahrnehmbar. Der Betrachter ist einem ständigen Oszillieren zwischen Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit ausgesetzt. Das Deutsche Glasmalerei-Museum zeigt das große Probestück „Zeitzeugen“ (2011) aus dieser Arbeit.

 

Wie ein Kontrast wirkt dagegen die Werkgruppe der abstrakten „Farbgedichte“ (Couleurs de poèmes, 2011). Bei diesen meist freien Arbeiten dominiert vor allem die Farbe, die in unterschiedlicher Intensität von transparent bis deckend in runden Formen auf das Glas aufgetragen wurde. Leuchtende Farbkörper in Gelb, Rot, Orange und Blau scheinen losgelöst vom Bildhintergrund im Raum zu schweben. Hinter der scheinbar beliebigen Anordnung der Farbkleckse verbirgt sich eine Codierung: Jede Farbe ist einem bestimmten Buchstaben zugeordnet. Durch die Anordnung der Farbwerte erschließen sich Sinnzusammenhänge. Das Wort tritt neben die Farbe und vermittelt dem Betrachter in der Verschmelzung zweier sinnlicher Wahrnehmungen einen erweiterten Erlebnisraum.

 

Exklusiv für die Ausstellung in Linnich kreiert Boissel eine weitere Rauminstallation, bei der es unter Einbeziehung von Spiegelungen um die Interaktion von Licht, Wand, Text und Raum geht. Auch hier erschließen sich dem Betrachter – wie in allen Werken Boissels – unendlich viele Möglichkeiten der Wahrnehmung.

 

Zeitnah zur Ausstellungseröffnung wird auch ein Foto-Band veröffentlicht, der alle in Linnich gezeigten Werke dokumentiert.

 

Ausstellungseröffnung: Samstag, 11. April 2015, 16 Uhr. Am Tag der Ausstellungseröffnung ist der Eintritt ins Museum frei!